Sie kommen aus Ländern, in denen Krieg herrscht, wie derzeit in Syrien; Gebieten in denen Konflikte zwischen Volksgruppen immer noch ungelöst sind, wie auf dem Balkan; sie werden als Minderheit verfolgt wie die Jesiden im Irak oder andere Gründe, z.B. Folgen des Klimawandels führen dazu, dass ihre Heimat unbewohnbar wird. Menschen aus der ganzen Welt kommen als Flüchtlinge nach Europa und Deutschland, um für einige Zeit Schutz oder eine neue Heimat zu suchen. Selbst wenn der Weg nach Europa geschafft ist, machen überfüllte Unterkünfte, überforderte Verantwortliche, undurchsichtige Bürokratie und leider auch Ablehnung oder sogar Gewalt aus der Gesellschaft des Aufnahmelandes einen Neuanfang alles andere als leicht.

Als Flüchtling definiert die Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951 all jene, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ ihr Land verlassen oder nicht dorthin zurückkehren können. Die Genfer Flüchtlingskonvention ist eine der Grundlagen auf denen in Deutschland darüber entschieden wird, ob Flüchtlinge im Land bleiben dürfen. Die Zahl der Asylsuchenden in Europa ist derzeit so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. In Deutschland haben zwischen Januar und August 2014 knapp 100.000 Menschen Asyl beantragt, davon bekamen z.B. 1.241 Flüchtlinge aus Syrien Schutz in NRW. Skandale wie Proteste gegen oder gar Anschläge auf Asylbewerberheime sowie die aktuellen Fälle von Misshandlungen der Schutzsuchenden rücken die schwierige Situation von Flüchtlingen in Deutschland ins Rampenlicht, aber Probleme herrschen ständig auch jenseits solcher Gewalt z.B. durch Vorurteile, Sprachprobleme und kulturelle Berührungsängste.

Neben ganz praktischer Hilfe für Flüchtlinge ist die Arbeit an einem gesellschaftlichen Klima, das ein vorurteilsfreies Zusammenleben ermöglicht, ein Schritt in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft. Wie bei der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit geht es auch in diesem Fall um einen Perspektivwechsel und eine Bewusstseinsänderung, die durch Bildung und persönliche Erfahrung angestoßen werden können. Schritte zu einer solchen Bewusstseinsänderung sind z.B. Verständnis für die Gründe zu schaffen, die Flüchtlinge nach Deutschland bringen z.B. indem man auf Konflikte, Verfolgung in den betreffenden Ländern sowie auf den allgemeinen Wert der Menschenrechte aufmerksam macht. Durch gemeinsame Projekte mit Flüchtlingen Teil eines interkulturellen Dialogs zu werden, ermöglicht gegenseitiges Kennenlernen, weckt Interesse an fremden Kulturen und baut schließlich Hemmschwellen auf beiden Seiten ab.

Während sich NRW denkt nach(haltig) bereits vor einiger Zeit in einem Themenspecial der Interkulturellen Integration und Nachhaltigkeit im Allgemeinen gewidmet hat, sammelt dieses Themenspecial nun Informationen, Ideen und Projekte, die das nachhaltige Zusammenleben mit Flüchtlingen, die ganz am Anfang ihres Lebens in NRW stehen, unterstützen können.

Hier stellen sich beispielhafte Projekte und weitere Angebote aus NRW vor, die sich dem interkulturellen Dialog und dem Thema nachhaltig Zusammenleben widmen:

“Menschenrechte lernen & leben” – Bildungsarbeit von peace brigades international
Schüler(innen) in den Klassenstufen 6-13 können auf Anfrage einen Workshop von peace brigades international (pbi) ins Klassenzimmer bekommen. Ehemalige Friedensfachkräfte führen Workshops und Projekttage zu verschiedenen Themen des globalen Lernens durch (z.B. Palmölanbau, Wirtschaft und Menschenrechte, alternative Wachstums- und Entwicklungsmodelle). Ein weiteres Herzstück der Arbeit ist “Rositas Puppenbühne”, das Puppentheater des Friedens.

Gesichter Afrikas – Potentiale eines Kontinents
Das Projekt „Gesichter Afrikas“ der EXILE Kulturkoordination bietet anhand verschiedener Formate und Veranstaltungen einen Blick auf unterschiedliche kulturelle, historische und (entwicklungs-) politische Perspektiven des afrikanischen Kontinents jenseits der oft negativen Darstellungen. Zu diesen Formaten zählen unter anderem Literaturveranstaltungen/ Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, Workshops und Vorträge.

Das gute Leben im Veedel
Im Mittelpunkt des Projektes “Das gute Leben im Veedel” steht die zielgruppengerechte Vermittlung des Themas Nachhaltigkeit durch Kampagnen, praktische Aktivitäten und gezielte Einbindung der Menschen vor Ort. Das Projekt stärkt die Mitverantwortung der Ehrenfelder BürgerInnen für das Thema Nachhaltigkeit, in dem es sie an der Diskussion um das “Gute Leben” beteiligt. Das Magazin “Veedelfunker” erstellt eine Bestandsaufnahme dessen, was bereits Positives in der Nachbarschaft in Sachen praktisch gelebter Umweltschutz und sozialer Verantwortung geschieht.

Flucht und Migration – Wenn der Weg mal nicht das Ziel ist
Das Unterrichtsmaterial „Flucht und Migration – Wenn der Weg mal nicht das Ziel ist“ von Don Bosco macht Schule ist als dreiteilige Reihe angelegt. Es unterstützt Lehrerinnen und Lehrer, die mit ihren Schülerinnen und Schülern auf dem Weg zu einer toleranten und offenen Klassen- und Schulgemeinschaft sind.Die Unterrichtsreihe ist nach den Lehrplänen für die Klassen 7 bis 10 konzipiert.

“Echte KinderRechte” – Einzigartiges Musik und Buchprojekt
Am 20. November feiert die UNO in der ganzen Welt den Tag der Kinderrechte. Ein Gedanke, der den Kindern der Bethanien Kinderdörfer am Herzen liegt. Mit der CD und dem Buch “Echte KinderRechte” haben es die Kinder geschafft, ein ernstes Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Sie, die selbst in den Bethanien Kinderdörfern ein neues Zuhause gefunden haben, singen auf der CD über die Rechte der Kinder.

Informationen & Literaturtipps zu den Themen: Flucht, Asyl und Integration
Im Artikel „Wer bekommt Asyl?“ bietet die Caritas einen Überblick über die Rechtslage von Flüchtlingen und den Ablauf eines Asylverfahrens in Deutschland.

Aktuelle Zahlen zu Herkunftsländern und Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland und Europa liefert der Mediendienst Integration, ein Projekt des Rats für Migration e.V., einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschern.

Daten zu Migrationsbewegungen und Integration in NRW u.a. mit detailierten Integrationsprofilen der einzelnen Kreise in NRW bietet das Integrationsmonitoring des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW (MAIS). Der Newsletter Integration des MAIS NRW informiert außerdem über politische Neuigkeiten, Literatur, Projekte und Wettbewerbe zum Thema Integration.

Das Projektjahrbuch 2013 „Potenziale Nutzen – Integration fördern“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das in Deutschland für Asylfragen zuständig ist, listet die im Jahr 2013 vom BAMF geförderten Projekte in ganz Deutschland auf und stellt ausgewählte Best-Practice-Projekte genauer vor. Auch Nachhaltigkeitsprojekte sind darunter und speziell gekennzeichnet. Außerdem werden (bundesweite) Förderprogramme für Integrationsprojekte mit verschiedenen Zielgruppen erläutert.

Über die Situation von Menschen, die ihr Land aufgrund von Naturkatastrophen oder Folgen des Klimawandels verlassen müssen, berichtet die Studie „Klimaflüchtlinge“ der Universität Hamburg im Auftrag von Greenpeace aus dem Jahr 2007.  Derzeit sieht das deutsche sowie internationale Flüchtlingsrecht Umweltkatastrophen nicht als Grund für die Aufnahme in einem anderen Land an. Wenn auch für die Zukunft schwer zu beziffern, wird Flucht in Folge des Klimawandels von den in dieser Studie zitierten Forschern als „eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit“ angesehen. Dass es einer Diskussion auch in anderen Ländern bedarf, zeigt sich am Beispiel Neuseelands, das im Sommer 2014 erstmals eine Familie aus dem Inselstaat Tuvalu, der vom steigenden Meeresspiegel bedroht ist, als Klimaflüchtlinge anerkannt und aufgenommen hat.

Die interaktive Karte „Menschen im Klimawandel“ von Oxfam Deutschland zeigt Orte, an denen Menschen mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben und erzählt deren Geschichten z.B. von der Dürre, die Bauern in Tadschikistan bedroht.

Alljährlich gibt die Menschenrechtsorganisation „Pro Asyl“ ein Heft zum Tag des Flüchtlings  am 26. September heraus, das aktuelle Debatten wie die Diskussion um „sichere Herkunftsstaaten“ aufgreift, von Flüchtlingsschicksalen berichtet, aber genauso von positivem Engagement und vorbildlichen Projekten zum nachhaltigen Zusammenleben erzählt. Weiterhin finden sich dort Links und Literaturtipps zum Thema, wie z.B. die Broschüre „Pro Menschenrechte. Contra Vorurteile“ von Pro Asyl. Dort werden aktuelle Zahlen zur Aufnahme von Flüchtlingen in Europa analysiert und gängigen Vorurteilen, z.B. der Kriminalität von Flüchtlingen, Fakten entgegen gesetzt.

Bei der Landeszentrale für politische Bildung NRW kann das Buch „Nachgefragt: Menschenrechte und Demokratie: Basiswissen zum Mitreden“ kostenlos bestellt werden. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche und erklärt ihnen anhand von Beispielen die Grundlagen und den Wert von Menschenrechten.

Medien und Mediales zu Flucht, Asyl und Menschenrechten
In der Presseschau des Kompetenzzentrums für Integration NRW (KfI NRW) finden sich Links zu aktuellen Meldungen über die Situation von Flüchtlingen und Migranten in NRW. Das KfI NRW gibt außerdem Filmtipps zum Thema Flucht, Migration und Integration. Zur Situation von Flüchtlingen finden sich hier zum Beispiel:

  • Can’t be Silent ein Dokumentarfilm über eine Band, die sich aus Flüchtlingen zusammensetzt. Der Kinofilm erzählt von ihrem Talent und ihren Träumen, aber auch von ihrer schwierigen Situation durch die Beschränkungen durch ihren Status als Flüchtlinge, wie z.B. die drohende Abschiebung. Zum Film steht außerdem Unterrichtsmaterial bereit.
  • Die Dokumentation Kein Ort erzählt die persönlichen Geschichten von Flüchtlingen aus Tschetschenien und belgleitet sie auf dem Weg in Länder der EU.
  • Verschiedene kurze Animationsclips zum Thema Menschenrechte, die mit Förderung des Auswärtigen Amtes entstanden sind, finden sich im Projekt WissensWerte von e-politik.de. Da die Clips unter CC-Lizenz stehen, können sie in nichtkommerziellem Rahmen gezeigt und unter Namensnennung weiter verwendet werden.

In kurzen Videos erzählt der YouTube-Kanal des Flüchtlingshilfswerks UNHCR Deutschland Geschichten verschiedener Flüchtlinge in Europa und anderen Ländern. Zum Beispiel gibt es dort ein Special zur Situation jugendlicher Flüchtlinge in Afrika.

Das Medienprojekt Wuppertal bietet in seinem Sortiment mehrere Dokumentarfilme, die sich an Jugendliche richten und z.B. für den Einsatz in der Schule bestellt werden können:

  • Unter dem Thema „Illegalität und Abschiebung“ stehen ein Film über Jugendliche, die in der JVA im nordrhein-westfälischen Büren auf ihre Abschiebung warten und ein Film über Abddeliah, der nach einer Jugend in Deutschland nach Marokko abgeschoben wurde.
  • Der Film „DiasporAfro“ dreht sich um Rassismus und die alltägliche Diskriminierung Afrikanischer Jugendlicher in Deutschland.

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